Trotz Depressionen und Alkoholmissbrauch testierfähig? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hat sich mit dem Einwand der Testierunfähigkeit eines an Depressionen und Alkoholsucht leidenden Erblassers zu befassen, der sich das Leben nahm.

Erblasser litt an Persönlichkeitsstörung

Der Erblasser litt an einer psychiatrisch relevanten Persönlichkeitsstörung in Form einer affektiven Störung mit sowohl depressiven als auch manischen Phasen (bipolare Störung) sowie einem Alkoholproblem. Mit eigenhändigem Testament verfügte er, dass seine Ziehtochter seinen gesamten Besitz erben solle. In zwei Abschiedsbriefen begründete er seine Entscheidung zu dem Suizid und tat im Übrigen kund, dass er alle Erbschaftsangelegenheiten regeln wolle.

Die Ziehtochter beantragte einen Erbschein, der ihre Stellung als Alleinerbin ausweisen sollte. Diesem Antrag trat die Schwester des Erblassers mit der Begründung entgegen, der Erblasser sei aufgrund seiner psychischen Erkrankungen testierunfähig gewesen. Nach Einholen eines Sachverständigengutachtens zum Einwand der Testierunfähigkeit hat das Nachlassgericht einen Feststellungsbeschluss erlassen.

Gegen diese Entscheidung wandte sich die Schwester mit der Beschwerde, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat.

So entschied das Oberlandesgericht

Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Eine Testierunfähigkeit habe das Sachverständigengutachten nicht bestätigen können. Zwar habe der Erblasser an den genannten Erkrankungen und an weiteren körperlichen Einschränkungen gelitten, die die Sachverständigen bestätigten. Diese genannten Gründe allerdings ließen für sich allein keinen zwingenden Schluss auf das Vorliegen der Testierunfähigkeit zu.

Nur dann, wenn die gesundheitlichen Einschränkungen eine Geisteskrankheit oder erhebliche Geistesschwäche verursachen, die die freie Willensbestimmung ausschlössen oder zu einer solch starken Bewusstseinsstörung führten, liege auch eine Testierunfähigkeit vor. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Quelle | Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 19.3.2024, 3 W 28/24

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