Kopie in der Schublade: Testament oder nur ein Entwurf? Der Erblasser hatte handschriftlich ein Testament errichtet. Das Original wurde nach seinem Tod jedoch nicht gefunden. Stattdessen fand sein Sohn in der Werkstatt des Verstorbenen die Kopie eines handschriftlichen Testaments – verwahrt in einer Plastiktüte. Das OLG Karlsruhe hat geklärt, ob sich hieraus Rückschlüsse auf den Testierwillen des Erblassers ziehen lassen.
Zweifel waren deshalb angebracht, weil das Original nicht auffindbar war, der Erblasser es mithin nicht sorgsam aufbewahrt hatte und dessen Existenz auch nicht gegenüber Dritten nachweisbar bestätigt hatte.
Die Gretchenfrage: Lässt sich aus den Umständen der Aufbewahrung der Kopie ein Rückschluss auf den Testierwillen ziehen, wenn das Original nicht mehr aufgefunden werden kann? Dem OLG genügte die Situation nicht, um daraus zu schließen, dass der Erblasser bewusst und gewollt eine rechtsverbindliche Anordnung treffen wollte – zumal er sich zwei Wochen nach Errichtung der Urkunde erbrechtlich hatte beraten lassen. Im Ergebnis trat daher die gesetzliche Erbfolge ein und die Ehefrau saß „mit am Tisch“.
Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.3.2022, 11 W 104/20 Wx, IWW
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