AUTOKAUF: „Gekauft wie gesehen“ gilt nicht bei arglistiger Täuschung
Die Klage auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw wegen arglistiger Täuschung des Käufers hatte vor dem Landgericht Coburg überwiegend Erfolg. Nur für die zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer musste der Kläger Abzüge hinnehmen.
Der Sachverhalt: Ein Autoverkauf
Der Kläger hatte im Jahr 2018 vom Beklagten einen damals sieben Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 122.000 km zum Preis von 10.500 Euro gekauft. Hierbei wurde auch ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. Zugleich hatte der beklagte Verkäufer dem Kläger jedoch zugesichert, dass das Fahrzeug keinen Unfallschaden erlitten habe, solange es im Eigentum des Beklagten war. Mit Ausnahme eines Schadens an der Frontstoßstange lägen laut Beklagtem keine weiteren Beschädigungen vor.
In der Folgezeit wurde der Pkw nach einem Unfall des Klägers begutachtet. Dabei wurden verschiedene unreparierte und auch reparierte Vorschäden festgestellt. Tatsächlich war das Fahrzeug nämlich schon vor dessen Erwerb durch den Beklagten, dem späteren Verkäufer, bei einem Unfall beschädigt worden und musste für mehr als 5.000 Euro repariert werden.
„Gekauft wie gesehen“ oder arglistige Täuschung?
Daraufhin focht der Kläger den Kaufvertrag an. Er verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises. Der Kläger behauptete, der Verkäufer habe das Fahrzeug von seinem Bruder gekauft und sei in dem ihn betreffenden Kaufvertrag auf einen reparierten Unfallschaden hingewiesen worden. Der Beklagte berief sich darauf, die Unfallfreiheit des Fahrzeuges nur für die Zeit seines Besitzes zugesichert zu haben. Zu der Frage, ob der Beklagte von dem Unfall des Fahrzeugs während der Besitzzeit seines Bruders wusste, machte der Beklagte teilweise widersprüchliche Angaben. Außerdem sei der Schaden repariert worden und der Kläger hätte ausreichend Gelegenheit zur Besichtigung des Pkw vor dem Kauf gehabt. Eine arglistige Täuschung durch das Verschweigen des Unfallschadens stritt der beklagte Verkäufer ab.
Landgericht erkennt arglistige Täuschung beim Autokauf
Das Landgericht sah im Verhalten des Beklagten eine arglistige Täuschung und gab der Klage überwiegend statt. Danach besteht für den Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs die Verpflichtung, den potenziellen Käufer auch ungefragt auf bekannte Mängel oder frühere Unfallschäden hinzuweisen, selbst dann, wenn der Schaden bereits fachgerecht repariert wurde. Eine Ausnahme gilt nur für sogenannte Bagatellschäden, also ganz geringfügige äußere Schäden, beispielsweise im Lack. Angesichts der Reparaturkosten von mehr als 5.000 Euro liegt eine solche Ausnahme hier jedoch nicht vor. Daher ware eine Aufklärung des Klägers über diesen Unfallschaden auch geboten.
Weil dem Beklagten aber dieser frühere Unfallschaden tatsächlich bekannt war, handelte er nach der Entscheidung des Landgericht auch arglistig, als er den Käufer nicht darüber informierte. Dafür ist es ausreichend, dass es der Verkäufer zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer bei wahrheitsgemäßer Information den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt oder zu diesem Preis geschlossen hätte. Die Vertragsanfechtung des Klägers war damit wirksam und der Kaufvertrag war rückgängig zu machen.
Der beklagte Verkäufer musste deshalb das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis an den Kläger zurückzahlen. Hierbei war jedoch ein Abzug für die vom Kläger zwischenzeitlich gefahrenen fast 20.000 Kilometer im Wege des sogenannten „Vorteilsausgleichs“ vorzunehmen, ein Betrag von knapp 2.700 Euro. Außerdem wurde der Beklagte zur Zahlung von Zinsen und Rechtsanwaltskosten des Klägers verurteilt.
Quelle | LG Coburg, Urteil vom 24.9.2020, 15 O 68/19
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