Testament zerrissen: Widerrufshandlung laut Gericht wirksam. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat entschieden: Ein Testament, das zerrissen wurde, gilt als widerrufen – auch wenn es anschließend im Schließfach aufbewahrt wird. Damit wies das Gericht die Beschwerde eines durch das Testament Begünstigten zurück. Der Widerruf sei durch schlüssige Handlung erfolgt.
Zerrissenes Testament im Schließfach gefunden
Im entschiedenen Fall war der kinderlos verheiratete Erblasser verstorben. Seine Ehefrau beantragte einen Erbschein auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge, der ihr und der Mutter des Verstorbenen zugesprochen wurde.
Zwei Monate später fanden die Ehefrau und ein Vertreter der Mutter in einem Bankschließfach ein handschriftliches Testament, das eine andere Person begünstigte – allerdings war dieses Testament mittig zerrissen. Der Begünstigte verlangte daraufhin, den bereits ausgestellten Erbschein einzuziehen.
OLG Frankfurt: Testament zerrissen = Widerruf wirksam
Das OLG Frankfurt stellte klar: Das Testament sei durch den Erblasser zerrissen und damit widerrufen worden. Ein solcher Akt stelle eine Widerrufshandlung dar, bei der gesetzlich vermutet wird, dass sie mit Widerrufsabsicht erfolgte. Diese gesetzliche Vermutung sei durch die bloße Aufbewahrung im Schließfach nicht widerlegt worden.
Warum das Aufbewahren des zerrissenen Testaments nicht ausreicht
Auch wenn das Testament zerrissen und im Schließfach belassen wurde, spreche dies nicht gegen die Widerrufsabsicht. Das Gericht betonte, dass keine Hinweise auf eine versehentliche Beschädigung durch Dritte vorlägen – etwa beim Öffnen des Schließfachs. Die Trennkanten seien ungleichmäßig, was gegen eine maschinelle oder zufällige Trennung spreche. Zudem hatte ausschließlich der Erblasser Zugang zum Schließfach.
Gesetzliche Vermutung für Widerruf nicht erschüttert
Es werde gesetzlich vermutet, dass diese Widerrufshandlung mit Widerrufsabsicht erfolgte. Indizien, die diese Vermutung widerlegen würden, seien nicht erkennbar. Warum der Erblasser das zerstörte Testament im Schließfach aufbewahrte, sei zwar nicht nachvollziehbar. Dies allein genüge aber nicht zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Der Erblasser habe ausweislich der dokumentierten 31 Öffnungen des Schließfachs dieses offensichtlich nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Quelle | OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.4.2025, 21 W 26/25, PM 26/25
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