Ausschlagungserklärung im Erbfall: Anfechtung „ins Blaue hinein“ ist unwirksam

Ausschlagung des Erbes anfechten – das kann sinnvoll sein, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Nachlass doch nicht überschuldet war. Doch das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat entschieden: Wer die Ausschlagung allein auf Verdacht erklärt, kann sie später nicht wirksam anfechten. Eine Entscheidung „ins Blaue hinein“ genügt nicht, um einen erheblichen Irrtum geltend zu machen.

Erbschaft wegen Überschuldung ausgeschlagen

Die Tochter des Erblassers aus dessen erster Ehe sowie deren volljähriger Sohn haben nach dessen Tod wirksam die Ausschlagung der Erbschaft bei gesetzlicher Erbfolge wegen „Schulden/private Gründe“ erklärt. Etwa zwei Monate später hat die Tochter ihre Ausschlagungserklärung zu Protokoll des Nachlassgerichts mit der Begründung angefochten, dass sie bei der Ausschlagung der Erbschaft von der Überschuldung des Nachlasses ausgegangen sei. Dies habe ihr Bruder ihr so mitgeteilt. Sie selbst habe seit 20 Jahren keinen Kontakt zu ihrem Vater gehabt. Nun habe sie durch eigene Recherchen in Erfahrung gebracht, dass ihr Vater in einem eigenen Haus gelebt habe, was sie vorher nicht gewusst habe.

Antrag im Erbscheinsverfahren

Die Tochter beantragte im Erbscheinsverfahren, einen Erbschein nach der gesetzlichen Erbfolge zu erteilen. Die übrigen Erben wollten hingegen einen Erbschein ohne sie, da sie das Erbe wirksam ausgeschlagen habe. Das Nachlassgericht folgte den übrigen Erben: Die Ausschlagung sei wirksam, die Anfechtung dagegen unbegründet. Dagegen legte die Tochter Beschwerde ein.

OLG Zweibrücken: Keine wirksame Anfechtung

Das OLG wies die Beschwerde zurück. Es bestätigte, dass die Tochter die Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung nicht dargelegt hatte. Wer die Ausschlagung des Erbes anfechten will, trägt die Beweislast für alle Anfechtungstatbestände. Ein Irrtum über die Überschuldung kann zwar grundsätzlich erheblich sein – aber nur, wenn er auf konkreten, überprüfbaren Fakten beruht. Eine bloße Vermutung reicht nicht aus.

Warum Spekulationen nicht genügen

Eine Anfechtung der Ausschlagung des Erbes ist nur möglich, wenn der Irrtum über den Nachlass auf einer falschen Tatsachengrundlage beruht. Wird die Ausschlagung dagegen auf Verdacht erklärt, handelt es sich um einen bloßen Motivirrtum, der keine Anfechtung rechtfertigt. Im vorliegenden Fall hatte die Tochter keine konkreten Informationen über den Nachlass und stützte sich lediglich auf die Aussage ihres Bruders. Damit fehlte die erforderliche Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung.

Konsequenzen für Erben

Das Gericht stellte klar: Wer eine Ausschlagung des Erbes anfechten möchte, sollte zunächst Fakten sammeln – etwa Kontoauszüge, Grundbuchauskünfte oder Hinweise zu Schulden und Vermögen. Ohne belastbare Daten bleibt eine Anfechtung chancenlos. Auch die Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Ergebnis

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken (Urteil vom 7.3.2025, 8 W 20/24) zeigt: Eine Ausschlagung des Erbes kann nicht „ins Blaue hinein“ angefochten werden. Nur wer nachweislich aufgrund falscher Tatsachen gehandelt hat, kann erfolgreich anfechten.

Quelle | OLG Zweibrücken, Urteil vom 7.3.2025, 8 W 20/24

Fazit und Praxistipp zum Thema Erbausschlagung

Bevor Sie die Ausschlagung des Erbes erklären oder anfechten, sollten Sie die Vermögenslage des Nachlasses genau prüfen. Eine voreilige Entscheidung lässt sich später kaum korrigieren. Lassen Sie sich rechtzeitig beraten – ein spezialisierter Erbrechtsanwalt kann klären, ob eine Anfechtung Aussicht auf Erfolg hat. Wir stehen Ihnen gerne mit unserem Fachwissen im Erbrecht und Familienrecht zur Seite und beraten Sie ausführlich. Kontaktieren Sie jetzt die Advocatae Kanzlei und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.