Vorwurf sexueller Belästigung am Arbeitsplatz: Was ist vom Arbeitgeber zu erwarten?

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Vorwurf sexueller Belästigung am Arbeitsplatz: Konflikte im Kollegenkreis – Was ist vom Arbeitgeber zu erwarten?

Ein Thema bei dem Betroffene einen Anwalt einschalten sollten: sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Wenn der Vorwurf sexueller Belästigung die Arbeitsbeziehung belastet, suchen Betroffene oft schnellen rechtlichen Rat. In diesem Beitrag erklären wir kompakt, was Arbeitgeber tun dürfen, worauf Gerichte achten und welche Folgen eine Versetzung haben kann.

Es ist Sache des Arbeitgebers, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen am Arbeitsplatz reagiert. Liegt eine erkennbare Konfliktlage vor und ist eine vom Direktionsrecht gedeckte Maßnahme geeignet, den Konflikt zu beenden, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse an einer solchen Maßnahme. Der Arbeitgeber überschreitet seinen Ermessensspielraum nur, wenn er sich bei der Entscheidung von offensichtlich sachfremden Erwägungen leiten lässt. So hat es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden.

Das war geschehen

Das LAG musste über die Versetzung eines Arbeitnehmers entscheiden, weil ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen worden war. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die örtliche Umsetzung dem billigen Ermessen des Arbeitgebers entsprochen habe.

Mehrfache sexuelle Belästigung einer Arbeitskollegin stand im Raum

Der Vorwurf der mehrfachen sexuellen Belästigung einer Arbeitskollegin und die ausgesprochene Empfehlung der Antidiskriminierungsstelle, dem Arbeitnehmer für das Büro ein Betretungsverbot auszusprechen, waren zwar Auslöser für die Umsetzungsentscheidung des Arbeitgebers. Der gerichtliche Nachweis einer sexuellen Belästigung sei aber keine Tatbestandsvoraussetzung für die Umsetzung. Daher sei es unerheblich, dass das beklagte Land in der über einem Jahr später stattgefundenen Beweisaufnahme die sexuelle Belästigung nicht habe nachweisen können. Dies ergebe sich zudem daraus, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle der Zeitpunkt sei, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen habe.

Arbeitgeber hat Ermessensspielraum

Der Arbeitgeber muss nicht in jedem Fall zuerst akribisch die Ursachen und Verantwortlichkeiten klären. Gibt es eine erkennbare Konfliktlage und ist eine zulässige Maßnahme geeignet, die Konflikte zu mindern, liegt ein anerkennenswertes Interesse an einer Umsetzung vor. Der Ermessensspielraum des Arbeitgebers ist nur verletzt, wenn offensichtlich sachfremde Erwägungen die Entscheidung gelenkt haben. Das war hier nicht der Fall.

Zwar könne der betroffene Arbeitnehmer die Versetzung als Sanktion empfinden. Zweck der Maßnahme sei jedoch die Befriedung des Konflikts, nicht die Bestrafung. Bei der Entscheidung habe der Arbeitgeber zutreffende Erwägungen angelegt. Eine räumliche Trennung innerhalb des Projektbüros war wegen der Größe und der gemeinsam genutzten Flächen nicht möglich. Vor diesem Hintergrund erschien die Zuweisung eines anderen Dienstortes als angemessen.

Betriebsfrieden war gefährdet

Das LAG stellte heraus, dass es schwer vorstellbar sei, wie die beiden Mitarbeitenden jemals wieder unbefangen hätten zusammenarbeiten können. Mindestens aus Sicht der Kollegin galt der Arbeitnehmer als sexueller Belästiger; aus Sicht des Arbeitnehmers galt die Frau als Falschbeschuldigerin. Diese gegensätzlichen Wahrnehmungen beeinträchtigten nicht nur das Verhältnis der beiden, sondern in einem kleinen Büro auch den Betriebsfrieden insgesamt.

Anwalt für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – rechtliche Ersteinschätzung

Viele Gerichte betonen, dass die arbeitsrechtliche Interessensabwägung die Situation im Betrieb und die Zumutbarkeit für alle Beteiligten berücksichtigen muss. Arbeitgeber sollten prüfen, ob alternative Maßnahmen möglich sind, etwa getrennte Pausenzeiten, interne Mediationsangebote oder eine vorübergehende räumliche Trennung, bevor dauerhaft umgesetzt wird. Gleichzeitig sind Schutzinteressen der betroffenen Person ernst zu nehmen.

Für Beschäftigte ist es wichtig, Vorfälle zu dokumentieren: Datum, Uhrzeit, Ort, mögliche Zeugen und konkrete Verhaltensweisen. Diese Dokumentation kann in internen Verfahren oder vor Gericht wertvolle Belege liefern. Ein Rechtsanwalt kann helfen, die Unterlagen systematisch aufzubereiten und die Erfolgsaussichten eines arbeitsgerichtlichen Vorgehens realistisch einzuschätzen.

Arbeitgeber sollten zudem beachten, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und andere arbeitsrechtliche Vorschriften Schutzpflichten vorsehen. Arbeitsrechtliche Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein und die Rechte der Betroffenen wahren. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit dem Betriebsrat oder einer spezialisierten Rechtsberatung.

Bei Verfahren vor dem Arbeitsgericht spielt der Zeitpunkt der Entscheidung eine große Rolle: Es kommt darauf an, welche Informationen dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Maßnahme vorlagen und ob er diese angemessen bewertet hat. Rückwirkende Feststellungen in späteren Beweisaufnahmen ändern nichts an der Bewertung zum Zeitpunkt der Ermessensausübung, wenn die Entscheidung nach sorgfältiger Abwägung getroffen wurde.

Wenn die Situation eskaliert oder die Maßnahme offensichtlich unangemessen erscheint, sollten Betroffene zügig rechtliche Schritte prüfen. Neben Unterlassungsansprüchen oder Schadensersatz können auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und Arbeitsschutzvorschriften relevant sein. Ein spezialisierter Anwalt für Arbeitsrecht und Diskriminierungsfälle kann die beste Strategie empfehlen.

Praxis-Tipp: Wann sollten Betroffene einen Anwalt einschalten?

Betroffene sollten rechtzeitig juristischen Rat einholen, wenn es zu Versetzungen, Betretungsverboten oder disziplinarischen Maßnahmen kommt. Ein Anwalt kann prüfen, ob die Entscheidung des Arbeitgebers verhältnismäßig ist, ob Verfahrensfehler vorliegen und welche Schritte möglich sind – von Gesprächsangeboten bis zu arbeitsgerichtlichen Schritten.

Handlungsmöglichkeiten für Arbeitgeber

Für Arbeitgeber empfiehlt es sich, Konflikte frühzeitig sachlich zu prüfen, Dokumentationen anzulegen und bei Bedarf organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, die verhältnismäßig sind. Eine Beratung durch die Personalabteilung oder rechtliche Experten kann helfen, Fehler und haftungsrelevante Entscheidungen zu vermeiden.

Fazit

Das LAG Köln betont den Ermessensspielraum des Arbeitgebers bei Konfliktlösungen. Eine Versetzung kann rechtmäßig sein, auch wenn ein gerichtlicher Nachweis der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz später nicht gelingt, sofern die Entscheidung zum Zeitpunkt ihrer Vornahme sachgerecht und verhältnismäßig war.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 25.2.2025, 7 SLa 456/24

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