Gasversorgung: Mieter erkrankt nach irrtümlicher Heizungssperre – trotzdem kein Schadenersatz. Irrtümer passieren. Dass diese nicht immer nachteilige finanzielle Folgen haben müssen, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf. Erkältet sich ein Mieter zum Zeitpunkt einer irrtümlich unterbrochenen Gasversorgung, muss er nicht nur den ursächlichen Zusammenhang nachweisen, sondern auch selbst zur Vermeidung eines Gesundheitsschadens durch eigene Vorkehrungen beitragen. Einen „automatischen“ Schadenersatzanspruch hat er nicht.
Was war geschehen?
Der Kläger war Mieter. Er wohnte zusammen mit seiner 81-jährigen Mutter in einer Wohnung und betrieb dort auch eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Beklagte versorgte die Wohnung mit Gas und Strom. Im November 2017 sperrte sie irrtümlich den zur Wohnung des Klägers gehörenden Gas-Anschluss, statt den eines anderen Mieters. Noch am selben Tag brachte der Kläger seine Mutter im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt zu Bekannten. Sie kehrte in die Wohnung zurück, nachdem die Beklagte aufgrund einer vom Kläger erwirkten einstweiligen Verfügung die Gasversorgung wiederhergestellt hatte.
Einen Tag nach der o. g. Sperre legte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Allgemeinarztes für zunächst vier Tage und anschließend eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines anderen Allgemeinarztes für zwei Tage vor. Etwa einen Monat später musste seine Mutter erneut ins Krankenhaus.
Mieter macht Schadenersatz geltend
Der Kläger hat behauptet, ihm seien durch die unberechtigte Unterbrechung der Gasversorgung erhebliche Schäden entstanden, wobei die Schadensentwicklung bei Klageerhebung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Er selbst habe durch die Versorgungsunterbrechung eine schwere Erkältung und Infektion der Atemwege erlitten, für die eine Entschädigung von mindestens 1.500 Euro angemessen sei. Zudem habe er vier Tage lang seine Kanzlei nicht betreiben können und zwei Mandantentermine absagen müssen. Infolge der Absage habe er beide Mandate verloren. Hierdurch sei ein Schaden in Höhe von 5.000 Euro und ein weiterer Vermögensschaden in Höhe von 250 Euro pro Tag entstanden, da er die Kanzlei für vier Tage nicht habe betreiben können.
Der Gesundheitszustand seiner Mutter habe sich durch die Gassperre verschlechtert. Als ehrenamtlicher Pfleger seiner Mutter habe er hierdurch einen Mehraufwand bei der Versorgung seiner Mutter gehabt. Ferner sei ihm ein Haushaltsführungsschaden für drei Wochen in Höhe von mindestens 500 Euro entstanden. Darüber hinaus hat der Kläger behauptet, dass ein nach drei Wochen unstreitig aufgetretener Defekt an dem in der Wohnung befindlichen Heizgerät durch die Gassperre verursacht worden sei. Insgesamt forderte er 8.650 Euro.
So argumentiert das OLG
Wie die Vorinstanz wies auch das OLG die Klage zurück. Zwar hatte der Kläger Beweis durch Vernehmung der behandelnden Ärzte als Zeugen angetreten. Dem musste das Gericht jedoch nicht nachgehen, da es sich um einen unzulässigen, sog. Ausforschungsbeweis handelte. Die behandelnden Ärzte können aus eigener Wahrnehmung nämlich nur bekunden, dass der Patient an einer Erkältung leidet. Zu den Ursachen der Erkältung können sie keine Angaben machen.
Das OLG: Während der Wintermonate leiden weite Teile der Bevölkerung zeitweise an einer Erkältung oder einem grippalen Infekt. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Der Kläger kann sich die behauptete schwere Erkältung und Infektion der Atemwege ebenso gut durch Ansteckung von anderen Personen zugezogen haben. Ursächlich muss nicht eine Verkühlung infolge des Aufenthalts in der unbeheizten Wohnung sein. Hierfür spreche im Übrigen auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der Versorgungsunterbrechung und den aufgetretenen Erkältungssymptomen. Dass die Symptome einer Verkühlung sich bereits in wenigen Stunden bemerkbar machen, ist unwahrscheinlich und widerspricht der Lebenserfahrung, wonach solche Symptome in der Regel erst nach zwei bis drei Tagen auftreten.
Ein Schadenersatzanspruch des Klägers würde aber in jedem Fall an einem überwiegenden Mitverschulden scheitern. Der Kläger habe nämlich die ihm in eigenen Angelegenheiten obliegende Sorgfalt verletzt. Zur Vermeidung eines Gesundheitsschadens durch Aufenthalt in der unbeheizten Wohnung hätte sich der Kläger durch warme Kleidung, Übernachtung in einem Ausweichquartier (bei Bekannten oder in einer Pension) oder durch Beschaffen eines elektrischen Heizgeräts schützen können und bei der gebotenen Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten auch schützen müssen.
Insgesamt war dem Gericht der Vortrag des Klägers zu pauschal.
Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.2020, 27 U 8/19
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