Fahrradunfall an Baustelle: Haftung und Schmerzensgeld
Wenn Radfahrer an schlecht gesicherten Baustellen stürzen, stellen sich schnell Fragen zur Haftung und zu möglichen Schmerzensgeldansprüchen. Das Amtsgericht (AG) München hat in einem Fall einem gestürzten Radfahrer Schmerzensgeld zugesprochen, obwohl der Geh- und Fahrweg dem Betroffenen bekannt war und er die Gefahrenstelle wiederholt passierte.
Unfallhergang
Ein Mann fuhr mit dem Fahrrad zur Arbeit und musste an einer Baustelle einen mit Kies gefüllten Spalt von 133 cm Breite und 4–5 cm Tiefe diagonal überqueren, weil Gegenverkehr entgegenkam. Beim Überqueren verlor er das Gleichgewicht und stürzte. Er erlitt Schürfwunden an Ellenbogen, Hüfte und Knie und klagte die Baufirma auf Zahlung von 1.000 Euro Schmerzensgeld. Der Unfallort war dem Mann bereits seit etwa einem halben Jahr bekannt, er passierte die Stelle täglich.
Gerichtliche Entscheidung
Das AG München stellte fest, dass der Spalt ursächlich für den Sturz war und sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von 300 Euro zu. Zwar hatte die Baufirma einen Subunternehmer beauftragt, doch blieb sie für Kontroll- und Überwachungspflichten verantwortlich. Mehrfache Aufforderungen der Stadt, die Rille zu verschließen, blieben unbeachtet. Das Gericht sah hierin eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten.
Mitverschulden
Bei der Höhe des Schmerzensgelds war allerdings das erhebliche Mitverschulden des Mannes an der Schadensentstehung zu berücksichtigen. Denn er war sehenden Auges ein für jeder
mann erkennbares Risiko eingegangen, indem er die mit Schotter gefüllte Rille diagonal mit dem Fahrrad überquerte. Der Mann fuhr auf dem Weg zur Arbeit täglich zwei Mal über die Rille. Es wäre ihm bei angepasster Fahrweise durchaus zuzumuten gewesen, vor der Rille anzuhalten, zumal gleichzeitig Gegenverkehr entgegenkam, dem er ausweichen musste, und sich die Unfallstelle kurz vor einer Kreuzung befand.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle | AG München, Urteil vom 11.10.2024, 231 C 10902/24, PM 11/25
Praktische Hinweise nach einem Fahrradunfall
Nach einem Unfall an einer Baustelle sollten Sie den Unfallort fotografisch dokumentieren, Maße und Tiefe der Rille notieren, Zeugen benennen und zeitnah ärztliche Befunde sichern. Melden Sie das Ereignis gegebenenfalls bei der Stadtverwaltung, damit eine offizielle Beschwerde vorliegt. Sammeln Sie Rechnungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und alle medizinischen Unterlagen.
Beweissicherung und Kommunikation
Fordern Sie frühzeitig Akteneinsicht und lassen Sie Falldetails von einem Sachverständigen auswerten, sofern dies möglich ist. Vermeiden Sie voreilige Eingeständnisse gegenüber Versicherungen und Protokollen, bevor Ihre Ansprüche geprüft sind. Ein schriftliches Schadensprotokoll mit Datum und Uhrzeit kann später im Verfahren wichtig sein.
Wann anwaltliche Hilfe sinnvoll ist
Bei unklarer Haftung oder strittigen Mitverschuldensquoten empfiehlt sich die Einschaltung eines spezialisierten Anwalts. Ein Anwalt kann die Erfolgsaussichten bewerten, Ansprüche präzise berechnen und die Kommunikation mit Versicherern, der Baufirma und Behörden übernehmen. Zudem kann ein Anwalt mögliche Prozessrisiken und Verjährungsfristen erläutern.
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